Hast du dir schon einmal vor Augen geführt, wie viele Menschen auf der lieben weiten Welt Spass am Stricken haben? Allein im deutschsprachigen Raum gaben jüngst im Rahmen einer Befragung rund zwei Millionen Erwachsene an, sich mehrmals wöchentlich Zeit zum Stricken oder Häkeln zu nehmen. Das ist eindeutig mehr als ein kurzweiliger Trend oder Nischenhobby. Stricken hat Tradition!
Wenig verwunderlich also, dass sich in unterschiedlichen Regionen verschiedene Stile oder Methoden zum Stricken etablieren konnten. Kommst du aus dem hohen Norden, hat dir deine skandinavische Grossmutter vermutlich eine andere Technik gezeigt als du bei einem Strickkurs tief im Süden lernen würdest. Aber wie gross sind die Unterschiede tatsächlich?
Überschaubar. Denn ob englische Methode beim Stricken oder europäischer Stil, am Ende ist alles nur eine Frage der Übung. Mit dem richtigen Strickset stimmt das Ergebnis so oder so.
Hintergründe und Abgrenzung: Unterschiede beim Stricken
Grundsätzlich existieren verschiedene Begrifflichkeiten, die per Definition zwar etwas anderes meinen, häufig jedoch synonym verwendet werden.
Häkeln und Stricken ist ein gutes Beispiel. Wenngleich Handhabung sowie gewisse Feinheiten im Gewebe bei beiden Techniken variieren, bleibt das Endprodukt doch vergleichbar. Der Vollständigkeit halber: Der Hauptunterschied liegt vereinfacht gesagt darin, dass beim Häkeln bloss eine Nadel mit Haken eingesetzt wird, während du beim Stricken zwei „glatte“ Nadeln verwendest. Mindestens. Bei einem Nadelspiel sogar eine recht grosse Auswahl.
Ansonsten sind die meisten Methoden nach ihrem Ursprungsort benannt.
Westen wie Osten und überall dazwischen
Du kennst bestimmt bereits die bekannten Richtungen, die beim Stricken vorgeben, wie du dein Garn verarbeitest.
Zunächst kannst du den Prinzipien der Westlichen Technik folgen, die hierzulande (und im englischsprachigen Raum) dominiert. Dabei wird das erste Maschenglied gleich an der Spitze stets über die Vorderseite der Nadel gezogen. Über links geraten die Maschen bei dieser Methode ein wenig lockerer, da du den Faden gegen den Uhrzeigersinn legst – umgekehrt bei rechten Maschen.
Stricken nach der Östlichen Art bestimmt den Alltag in Osteuropa sowie in zahlreichen asiatischen, arabischen und afrikanischen Ländern. Wieder arbeitest du mit dem führenden Maschenglied, das sich allerdings auf der Rückseite der Nadel befindet. Entsprechend dreht sich das Bild hinsichtlich der Richtung, in der du den Faden bei linken oder rechten Maschen legen musst.
Du verstehst nur noch Bahnhof? Kein Problem. Mit professioneller Unterstützung gelingt selbst blutigen Anfängern im Handumdrehen ein lockerer Maschenanschlag.
Gefallen dir Elemente aus Osten wie Westen, könnte dir das Kombinierte Stricken sehr zusagen. Auch als russische Variante bezeichnet, spielt der Name auf die besondere geografische Lage des Vielvölkerstaats an. Popularisiert wurde die Bezeichnung Kombinationsstricken aber erst Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Engländerin Mary Thomas.
In jedem Fall solltest du also darauf achten, die zu deinem Vorhaben passende Stricknadel zu nutzen.
Zurück zu den Basics – Welcher Stricktyp bist du?
Abgesehen von den Möglichkeiten, die du beim Knüpfen der Maschen hast, machst du schon beim Halten des Garns deutlich, welcher Schule du angehörst. Sind die Einflüsse auch äusserst vielfältig, grundlegend lassen sich beim Stricken fünf Stile voneinander abgrenzen:
1 – Die (feine) Englische Art zu Stricken
Trägst du dein Garn beim Stricken mit Vorliebe in deiner rechten Hand (Linkshänder bitte die Seiten tauschen), kannst du dich als Experte oder Expertin des Englischen Stils bezeichnen. Von allen hier angesprochenen Methoden ist dies erfahrungsgemäss die am weitesten verbreitete. Du kennst sie vielleicht unter der alternativen Bezeichnung American Knitting oder Die Französische, wie der Stil in Japan heisst. Du wirfst die Wolle buchstäblich über deine Nadel, um eine Masche zu bilden.
2 – Die klassische Europäische Strickweise
Als Gegenstück zur Englischen Art hältst du beim Europäischen Stil dein Garn für gewöhnlich in der linken Hand. Du pflückst die Wolle mit deiner Nadel auf, anstatt diese zu werfen. Amerikaner betiteln diesen Stil dementsprechend als Continental Knitting und in weiteren Teilen der Welt ist von der Deutschen Methode die Rede. Bist du neu beim Stricken, hast aber vorher gehäkelt, empfindest du die Umstellung hierbei wahrscheinlich am natürlichsten.
Im Norden Europas gibt es zudem eine leichte Abwandlung, die als Norwegische Haltung beschrieben wird.
3 – Nadelarbeit im Irish Cottage
Wir sind ganz aus dem Häuschen – einem irischen Landhaus genauer gesagt. Durch die suggerierte Nähe zu England bleibt das Garn fest in der rechten Hand, obwohl speziell die Handhabung der Nadeln deutlich von der Norm abweicht. Eine Nadel bewegt sich gar nicht und fungiert als Drehpunkt, während die andere Masche für Masche vollendet. Deshalb wird in diesem Fall auch vom Hebelstricken gesprochen, das durch eine Art Schnipsen zum Ziel führt. Du greifst dein Werkzeug wie einen Stift und strickst mit ein wenig Übung wie der Wind.
Hörst du jemanden von der Peruanischen, Katholischen oder Australischen Methode reden, ist ebenfalls diese Strickweise gemeint.
4 – Stricken wie ein Portugiese
Alles zu langweilig für dich? Oder dir schmerzen die Handgelenke bereits beim Lesen? Dann ist das Portugiesische Stricken eine nennenswerte Alternative. Statt mit den Fingern für die notwendige Spannung im Garn zu sorgen, wickelst du dir den Faden einfach um den Nacken, fertig. Deine Hände müssen sich demnach um eine Aufgabe weniger kümmern und du kannst dich vollkommen auf das Bilden der Maschen konzentrieren. Sitzt du an einem Halstuch oder Schal, befindet sich die Wolle fast schon an Ort und Stelle.
5 – Shetland Stricken mit System
Noch weiter nördlich als die namensgebende Inselgruppe vor der schottischen Küste kommst du (zumindest in Grossbritannien) kaum. Beim Shetland Stil trägst du die rechte Stricknadel an einem eigens dafür hergerichteten Gürtel. Folglich lässt sich diese Technik mühelos auch im Stehen ausführen, womöglich sogar während du dich um andere Dinge kümmerst. Die Finger arbeiten wie von allein, wenn du dich erst an diese Strickweise gewöhnt hast.
Überholte, aber dennoch geläufige Namen für diese Art des Strickens sind Pit Knitting, Schottisch, The Old Way oder Aus der Hüfte.
Damit hast du jetzt einen soliden Überblick der Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten bei den verschiedenen Arten zu Stricken. Du hast deinen Favoriten gefunden? Ausgezeichnet. Wir zeigen dir, was du sonst noch für ein eigenes Strickprojekt brauchst. Viel Vergnügen!
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